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1. Leipziger Frühjahrssymposium

Sprache & Kommunikation

 

 

 

Rückblick auf ein erfolgreiches Symposium 2012

 

 

Was kinderleicht ist, gelingt den Affen nicht


Interdisziplinäre Tagung zu Sprache und Kommunikation an der Universität Leipzig

 

Was Kleinkinder mit 14 Monaten bereits können, nämlich mit einer Zeigegeste ihren Eltern mitteilen, dass sie „das da“ haben möchten, scheint den Menschenaffen im Pongoland des Leipziger Zoos ausgesprochen schwer zu fallen. Über die Grundlagen und die kindliche Entwicklung der Kommunikation diskutierten am Samstag Forscher verschiedener Wissenschaftsdisziplinen aus Deutschland, England und der Schweiz auf dem 1. Leipziger Frühjahrssymposium Sprache & Kommunikation an der Universität Leipzig.

„Gerade der interdisziplinäre Blick ist dem vielschichtigen Gegenstand ‚Sprache‘ angemessen“, beschreibt Christian W. Glück, Professor für Pädagogik bei Sprach- und Kommunikationsbeeinträchtigungen der Universität Leipzig, das Credo der von ihm neubegründeten Symposiumsreihe. „So entstehen für die Praxis und Forschung wertvolle Anregungen.“ Das sei auch im Kontext der Lehrerbildungsinitiative des Bildungspaktes von hoher Bedeutung, bestätigt der Dekan der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät Professor Hofsäss in seinem Grußwort.

Jörg Meibauer (Germanistik Universität Mainz) führte in den Fokus „Pragmatik“ des Symposiums ein und verdeutlichte an launigen Beispielen, dass wir Menschen uns nur verstehen können, weil wir das unmittelbar Gesagte beim Hören anreichern, und wie wir Menschen uns auch darauf verlassen können, dass der Zuhörer kooperativ ist und diese Interpretationsarbeit auch leistet. Wie diese Feinabstimmung im Prozess der Kooperation sich entwickelt, konnte Anna Runge (Germanistik Universität Hamburg) ganz verblüffend an den alltäglichen „hm“s und „aha“s nachweisen, die wir beim Zuhören von uns geben. Aus seiner reichhaltigen Erfahrung beim Aufbau des Autismus-Beratungszentrums Erfurt destilliert Martin Degner (Sonderpädagoge) die Studiendesigns für die Erforschung der Kommunikation bei Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen, die oft gar nicht zur Lautsprache kommen oder deren Interpretation von Sprache besonders ist, indem sie bei bildhafter Sprache alles wörtlich nehmen und sich nicht in die Perspektive des Sprechers hineinversetzen können.

Wie kann Kindern und Jugendlichen mit pragmatischen Störungen geholfen werden? Für die Sprachförderung und Sprachtherapie liegen in Deutschland nur vereinzelt Konzepte und Forschungsergebnisse vor. Die Grundlage muss eine differenzierte Diagnostik bilden. Als neueste Forschungsarbeiten hierzu präsentierten Claudia Wirts (Institut für Frühpädagogik, München) ein videogestütztes Beobachtungsverfahren sowie Markus Spreer und Stephan Sallat (Sonderpädagogik Universität Leipzig) einen Einschätzbogen für Erzieherinnen und Eltern. Gerade auch die Strukturierung in therapeutischen Profilen, die Andrea Dohmen (Entwicklungspsychologie Oxford University) vorstellte und die Umsetzung einer spezifischen Therapiekonzeption mit den allgemeinen Mitteln des Improvisationstheaters von Bettina Achhammer (Sprachtherapie Universität München) stießen auf großes Interesse bei den etwa 70 Teilnehmern des Symposiums, da viele von ihnen in Schulen, Kindergärten, Kliniken und Praxen im Bereich Sprachtherapie und Sprachförderung arbeiten.

Und was haben nun die Menschenaffen aus dem Pongoland mit dem Symposiumsthema zu tun? „Die Zeigegeste ist eine sog. triadische Kommunikation“ (ich-du-Gegenstand) erläutert Richard Moore vom Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig. Und da eine Zeigegeste für sich genommen nichts aussagt, muss sie vom „Zuhörer“ erst gedeutet werden. Und spätestens jetzt kommt wieder die Pragmatik ins Spiel. So können wir von den Affen lernen, was menschliche Kommunikation ausmacht. Moore verweist dabei auf seinen Chef Michael Tomasello: Die Grundlage der menschlichen Kommunikation bildet die besondere Qualität der Kooperation, wie es sie nur beim Menschen gibt.

Und die Kooperation der Wissenschaftsdisziplinen wiederum hat dieses Symposium Sprache & Kommunikation zum Erfolg geführt. Im nächsten Jahr wird es den Titel tragen: „Sprachförderung: Konzepte – Bedingungen – Wirkungen“.

 

 

Prof. Blechschmidt und Prof. Glück vereinbaren auf dem Symposium einen Erasmus-Austausch zwischen Basel und Leipzig

 

 

Wissenschaftler auf dem 1. Leipziger Frühjahrssymposium Sprache & Kommunikation

 

 

 

 

 

 

 

v.l.n.r.: Dr. Anna Runge (Hamburg), Dr. Markus Spreer (Leipzig), Prof. Jörg Meibauer (Mainz), Dr. Andrea Dohmen (Oxford), Dr. Claudia Wirts (München), Dr. Stephan Sallat (Leipzig), Prof. Christian Glück (Leipzig), Bettina Achhammer (München), Dr. Martin Degner (Erfurt).